Der rhetorische Spaß bleibt natürlich auch bei der EM nicht aus. Der französische Stürmer Olivier Giroud lockte dem Kommentator des gestrigen Eröffnungsspiels, Béla Réthy, einige rhetorische Figuren von der Zunge. Schauen wir uns das genauer an!
Nachdruck, Nachdruck, Nachdruck
Kurz nach Girouds Tor zum 1:0 in der 57. Minute bemerkte der Kommentator:
“Achtzehntes Länderspiel-Tor für Giroud, in seinem 50. Einsatz. Er trifft, und trifft, und trifft zuletzt…”
Diese rhetorische Figur (epanalepsis oder geminatio genannt)[1] unterstreicht einen wichtigen Begriff durch auffällige Wiederholungen. Das Wort ‘trifft’ wird nachdrücklich betont. Mehr noch: die Aussage (“Er trifft.”) wird so auch in die Länge gezogen, und erhält im Bewußtsein der Zuhörer auch dadurch ein stärkeres Gewicht. Sehr wirkungsvoll, wenn sie sparsam eingesetzt wird.
Geographische Metaphorik
Nach einer Szene im Strafraum (68. Minute), in der Giroud sich gefoult fühlte, hören wir den Kommentator während der Zeitlupe sagen:
“Kein Elfmeter! Er hält Pintilii [den Zweikampfgegner] selbst fest, und dann drückt er ihn mit seinem ‘südwestlichen Teil’ nach hinten.”
Die geographische Metapher (‘südwestliches Teil’) für das Körperteil (die Hüfte), mit dem der französische Spieler seinen Kontrahenten wegdrückt, ist wirkungsvoll, wenn auch etwas schräg. (Was wäre wohl der Unterschied zwischen ‘südwestlich’ und ‘südöstlich’? Und in welcher Himmelsrichtung würden die Füße liegen?) Aber die rhetorische Figur erfüllt in geradezu lehrbuchhafter Weise ihr Ziel: sie zieht auf humorvolle Art für einen Moment die Aufmerksamkeit auf die Sprechweise. So sorgt sie für Abwechslung und hält das Publikum aufmerksam — und macht ganz beiläufig auch die Redegewandtheit des Sprechers deutlich.
Anmerkungen und Nachweise
[1] Heinrich Lausberg, Elemente der literarischen Rhetorik. Ismaning: Hueber 1990, § 244.